von Hundeschule Cordova
Vor circa dreißig Jahren befand wir uns mit der Familie in einem unserer Italien-Urlaube am römischen Meer. Von dort aus starteten wir einen Ausflug ins Blaue mit dem Wagen. Während der Fahrt fiel uns eine riesige Schäferhund-Statue auf, die hinter dem Gartenzaun eines Hauses stand und über den Zaun hinausragte.
Dox vom Coburger Land:
13-mal Polizei-Weltmeister ✦ 171 Strafprozesse gelöst durch erschnüffelte Beweise ✦
563 Banditen, Mörder, Räuber entdeckt und gefasst ✦ 136 Ältere Personen und Kinder gefunden ✦
46 Rettungen ✦ 7-mal verletzt ✦ 11 Goldmedaillen ✦ 27 Silbermedaillen
✦ Geboren: 1946 ✦ Gestorben: 1965
Mein Mann Massimo, ein gebürtiger Römer, sagte spontan: „bleib mal stehen, den kenne ich, diese Statue präsentiert Dox …“. Als Schulkind las mein Mann fast täglich eine römische Zeitung, worin oft über die fantastischen Taten eines Polizeihundes namens Dox berichtet wurde. In den 50ger und 60ger Jahren war Dox mit seinem Hundeführer Giovanni Maimone in Italien berühmter als der amerikanische Film Hund Rin Tin Tin.
Ohne zu überlegen, läuteten wir an Maimones Haustüre … Wir wurden freundlich empfangen von Signore Maimone selbst zusammen mit seinem Sohn Mauro. Giovanni Maimone war zwischenzeitlich gealtert und hatte seine Stimme verloren. Mauro bemühte sich mit Übersetzung um eine verständliche Kommunikation seines Vaters mit uns. Als junger Polizist war Maimone in einer Polizeikaserne in Turin tätig. In dieser Kaserne war auch die Polizeihundestaffel mit eigenem Übungsgelände stationiert. Maimone kaufte sich, ohne eine Erlaubnis zu beantragen einen Schäferhund-Welpen und nahm ihn zu sich auf sein Kasernenzimmer.
Am Tag war der Welpe meist allein in Maimones Unterkunft und in der Nacht mit seinem Herrn draußen und heimlich auf dem Übungsgelände. So entstand eine geprägte tiefe und derart enge Beziehung zwischen den beiden, dass sie sich schließlich einander nur durch Augenkontakt verstehen und „lesen“ konnten. Als der Hund schließlich entdeckt wurde, erhielt Maimone doch die Erlaubnis, diesen behalten zu dürfen und sogar die Möglichkeit einer Ausbildung bei der Polizeihundestaffel. So traten die beiden ins Diensthundewesen ein.
Dox vom Coburger Land entstammte aus bekannten und prämierten Ausstellungs- und Arbeits-Zuchtlinien (Schau- und Leistungshunde). In der damaligen Zeit gab es kaum Unterschiede zwischen „Schönen“- und Leistungshunden so wie dies heute der Fall ist.
Dox vom Coburger Land und Giovanni Maimone
Dox war auf Menschengerüche geprägt und auf deren innere Stimmung. Niemand konnte ahnen, dass ausgerechnet dieses Team (der Ersthundehalter Maimone und Dox) das beste Polizei-Team aller Zeiten werden sollte. Der Begriff „Mantrailer“ war damals völlig unbekannt, so wie der Ausdruck „Geruchsvergleich“. Was Dox mit seinem Geruchssinn schaffte, war sensationell und wäre es selbst heute noch.
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte der SV (Verein für Deutsche Schäferhunde) eine strengere Kör-Leistungsprüfung ein, um die Wesensausgeglichenheit und die vielseitigen Gebrauchshundeseigenschaften der Rasse zu bewahren: bei der Zuchttauglichkeitsprüfung (Körung) wurde die Nervenfestigkeit des Hundes im Straßenverkehr überprüft, seine Gutmütigkeit gegenüber neutralen fremden Personen, sowie die Belastbarkeit und Schutzbereitschaft bei persönlicher Bedrohung (Angriff des „Schutzdiensthelfers“ / Scheintäter). Maimone erzählte uns, wie er mit seinem Dox mehrmals Polizei-Weltmeister wurde, obwohl die Richter immer wieder Punkte abzogen, auf Grund mangelnder Hörlaut- Kommandos (Hörzeichen). Er benutze lediglich minimale Sichtzeichen und Körperbewegungen zur Kommunikation, die sein Hund schnell und richtig umsetzte. Oder wie sein Hund in der Lage war, Täter sowohl in Turin als auch in Rom von einem Stadtteil zum anderen zu verfolgen, sogar mit selbständiger Benutzung von Linienbussen. Nach vorheriger Witterungsaufnahme eines Hemdknopfes verfolgte Dox in Rom mit seiner Spürnase vom Tatort weg die Spur eines Verbrechers bis zu dessen Wohnung. Da angekommen zeigte Dox sich damit noch nicht zufrieden und stupste mit seiner Nase fordernd an einen Kleiderschrank, in dem sich ein Teil der versteckten Beute befand. Maimone und seine Kollegen waren höchst zufrieden mit dem Erfolg und solch enormer Leistung: dennoch drängte Dox weiter. Er war immer noch nicht fertig und führte die Beamten zu zwei weiteren Wohnungen, worin auch die restliche Beute gefunden würde. In über 160 Einsätzen, wurde Dox siebenmal durch Schusswaffen schwer verletzt, letztmalig in Sizilien beim Kampf gegen die Mafia. Als er am Bein angeschossen wurde, verfolgte Dox den Übeltäter trotzdem auf drei Beinen und konnte ihn nach 8 Km Verfolgung stellen. Die Konzentrationsfähigkeit, und Ausdauer dieses Hundes beim Fährtensuchen und Stöbern war außergewöhnlich: er war in der Lage, eine Spur von 20 Km Länge im Stadtverkehr auszuarbeiten und zu verfolgen mit all seinen Ablenkungen und Abgasen.
Dox’ Vater: Axel v. d. Deininghauserheide
Dox war nicht nur ein exzellenter Nasenspürhund sondern auch ein echter Detektiv, wie er im Fall „des fehlenden Knopfes“ bewies: Im Jahr 1958 versteckte sich ein Räuber im Untergeschoss des römischen „Prinzen“-Theaters, wo dieser während der Nacht ein Loch in die Seitenwand bohrte, das zum benachbarten Juweliergeschäft führte. Der Gauner wurde von einem Wachmann entdeckt, aber er schaffte es, nach kurzem Kampf zu fliehen. In diesem Fall wurde Dox eingesetzt: der Hund schnüffelte das Gewandt des Wachmanns ab und nahm dabei den Geruch des Täters auf (Spurenvergleich). Dann führte er Maimone in einen Hauskeller, der in einem anderen Stadtteil von Rom lag. Hier schlief ein vorbestrafter Mann, der den Beamten überzeugen konnte, dass er mit dem Deal nichts zu tun hatte … „Sogar ich glaubte ihm“, bestätigte Maimone und „mit dem Zeigefinger drohte ich meinem Dox bitterböse, besser aufzupassen …
Dox Junior
… Dox antwortete mir mit lautem Gebell und entfernte sich von mir“… Der Hund kehrte selbstständig zum Tatort zurück und fand im hinteren Teils des Juwelierladen-Kellers einen Knopf, den er aufnahm, in seinem Fang zu Maimone trug und in dessen Hand legte. Dox führte erneut die Polizeibeamten zum dem Keller des Vorbestraften. Dort angekommen schnüffelte der Hund an einem darin befindlichen Kleiderschrank, öffnete dessen Türe, zog mit seinen Zähnen einen Regenmantel heraus und schnupperte die Stelle ab, an dem ein Knopf fehlte. Der Knopf, den Dox im Juweliergeschäft gefunden hatte, war der gleiche vom Regenmantel des Räubers. Sogar der Nähfaden, der sich noch am Knopf befand, war identisch mit den anderen des Regelmantels. Nach diesen klaren Beweisen gab der Verdächtige seine Tat zu.
In den zahlreichen Zeitungsberichten, war Dox nicht nur Feind der Ganoven sondern auch der Menschenretter: mit einem entschlossenen Sprung verhinderte der langstockhaarige Schäferhund Dox, dass ein Kind von einem Auto überfahren würde. Als ein verschütteter Skifahrer von Polizeihunden nach langer erfolgloser Suche aufgegeben wurde, kam Dox zum Einsatz - mit Erfolg. Als der Polizist mit seinem Hund dienstlich ein Zimmer mit 12 Verdächtigen verlassen musste, um im Revier telefonieren und Verstärkung anfordern zu können (damals gab es kein Handy), bewachte Dox mutig die 12 Männer allein. Dieser Hund konnte u. a. eine Pistole entschärfen und auseinander nehmen, inklusive Patronen. Dox wurde 1946 bei einem Züchter aus Coburg mit 6 Geschwistern geboren und lebte 19 Jahre immer noch bei seinem Besitzer Giovanni Maimone.
Der einmalige Hund durfte nie in Rente gehen: selbst in hohem Alter wurde er immer wieder auf Bitten von Privatleuten eingesetzt, um vermisste Personen (Kinder und Senioren) wieder zu finden. Dox war kein Zufallsprodukt, sondern das genetische Resultat einer guten Züchtung: Seine Mutter erhielt im Schauwesen vorzüglich und sie war vollendet ausgebildet in der Schutzhund-Stufe 3. Sein Vater war der berühmte Axel von der Deininghauserheide, ein leistungsstarker Hund (Schutzhund-Stufe 3, Fährtesuchhund, Diensthund bei der Polizei) mit der Zuchtbewertung Vorzüglich Auslese. Axel war einer der erfolgreichsten Deckrüden und beeinflusste positiv die Rasse mit vielen erfolgreichen Nachkommen noch über viele Generationen.
Ehemaliger Diensthundeführer G. Maimone und Astrid Cordova mit ihren Kindern und damaligem Hund Basco, bei Rom
Maimone und sein Sohn zeigten uns noch viele alte Zeitungsausschnitte, das für Dox von Maimone selbst gefertigte Geschirr und die originale Abstammungsurkunde. So durfte ich Zeugin dieser „Legende“ werden.
In Erinnerung an diesen Hund nannten wir unsere selbst gezüchteten Deutschen Schäferhunde auch DOX, jedoch mit unserem Zwingernamen „VON CORDOVA“. Ich bin stolz darauf, dass er mit seinem Wesen und Eigenschaften (Nasentalent und Entschlossenheit) auch einen „Allroundhund“ darstellt. Zum Glück bin ich keine Polizei-Diensthundeführerin, sondern für meinen Dox nur Kumpel und Hundesportlerin.
„Dox entdeckte auf einer Terrasse einen der Polizei entwischten Verbrecher“
„Der Hund, der die Verbrecher terrorisierte, geht in Rente“
Eure Astrid Cordova